Ihr Lieben, wir haben ein spannendes Interview mit Beauty Lashes Berlin über die aktuelle Corona – Situation geführt.
Beauty Lashes hat den Sitz in Berlin – Pankow und wurde vor 5 Jahren von Anna Molska gegründet. Inzwischen hat Anna ein sehr großes Team von 22 Mitarbeitern und ist Europas größtes Wimpernstudio auf 140 qm.
Anna, Franziska und das ganze Team arbeiten hart daran, dass es so bleibt und eröffnen gerade in Charlottenburg einen zweiten Standort mit über 280 qm.
In der Beautybranche ist es sehr ungewöhnlich so ein großes Team zu haben und auf so einer großen Fläche zu arbeiten. Fokussiert hat sich Beauty Lashes nur auf den B2C-Markt, dass bedeutet dass die Endkunden absolut im Vordergrund stehen. Es wird auch nur Inhouse ausgebildet und keine externen Schulungen gegeben.
Franziska kommt ursprünglich aus der IT und ist seit ca 1,5 Jahren mit großer Leidenschaft und viel Energie die Geschäftsführungsassistenz und Personalleitung von Beauty Lashes. Desweiteren ist sie für die PR zuständig.
Auch große Studios müssen in Zeiten von Corona hart kämpfen und haben schwere Zeiten. Wie es aktuell bei Beauty Lashes aussieht, hat uns Franziska in einem mitreißenden Telefonat erzählt:
Liebe Franziska, es ist schwer gute und qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Überall wird händeringend gesucht. Ihr habt 22 Mitarbeiter, was ist euer Geheimnis?
Wir bauen unser Team auf. Tatsächlich stecken wir sehr viel Zeit ins Personalwesen. Das ist einfach total wichtig. Mein ganzes Herz brennt dafür. Wir haben ein Arbeitsumfeld kreiert, indem viele unterschiedliche Charaktere Platz haben. Mir ist es wichtig, ein gutes Miteinander zu haben, weil wir alle sehr viel Zeit auf Arbeit verbringen. So abgedroschen der Spruch klingt, aber das ist tatsächlich so.
Außerdem haben wir viel Zeit in die Umstrukturierung unseres Teams investiert und gemeinsam entschieden, in welche Richtung das Team wachsen soll und wie das Team miteinander kommunizieren soll. Auch in Hinblick auf das zweite Studio. Das sind Entwicklungsprozesse, die wir uns sehr lange überlegt haben und die wir über ein Jahr lang begleitet haben. Diese sind auch noch nicht abgeschlossen.
Wir reden wirklich extrem viel. Uns ist das Wohlbefinden der Mitarbeiter total wichtig. Ich bin die erste am Morgen im Büro und frage jede, wie es ihr geht.
Wenn jemand ein privates Problem hat, dann schlägt das aufs Gemüt. Wir überlegen uns dann, wie kann ich sie ein Stück weit für den Tag entlasten und ob das Problem aus der Welt
zu schaffen ist. Eventuell kann man auch kurzfristig Urlaub vermitteln, weil jemand sich zum Beispiel Gedanken um den kranken Großvater macht. Da gucken wir schon, was wir als Unternehmen machen können.
Die Kunden spüren auch, wenn es der Mitarbeiterin schlecht geht. Die Kunden kommen in ihrer Freizeit und bezahlen dafür, dass sie schöne Wimpern bekommen. Aber auch dafür, dass sie sich entspannen können und auf fröhliche und freundliche Mitarbeiter treffen. Und wir möchten nicht, dass unsere Mitarbeiter wie bei einer Airline einfach grinsen, obwohl ihnen gar nicht danach ist. Sondern wir schauen schon, was wir als Unternehmen machen können, damit das Wohlbefinden quasi von innen herauskommt.
Auch in der Corona Zeit, halten wir weiterhin den Kontakt zu unseren Mitarbeitern durch unsere gemeinsame WhatsApp-Gruppe. Dort werden einfach auch Sorgen und Ängste kommuniziert. Wenn ich merke, dass es einer Mitarbeiterin schlecht geht, dann rufe ich sie direkt an und wir sprechen gemeinsam darüber und versuchen eine Lösung zu finden.
Das süßeste Kompliment war von einer Mitarbeiterin, die Angst hatte, dass sie ihren Job verlierte. Ich habe mit ihr gesprochen. Ich habe gesagt, wir tun alles daran, dass hier keiner verloren geht.
Daraufhin hat sie sich in unserer WhatsApp Gruppe ganz herzlich bei mir und meiner Chefin bedankt, weil sie das Gefühl vermittelt bekommt, dass sie gewollt ist und das wir alles tun werden, um jeden Arbeitsplatz zu erhalten.
Unsere Mitarbeiter kommen selbst in ihrem Urlaub zwischendurch in das Studio um „Hallo“ zu sagen. Sie bringen Kuchen, Süßigkeiten oder Blumen mit. Das ist irgendwo total niedlich. Daran merkt man, wie alle zusammengewachsen sind.
Sind eure Mitarbeiter in der Corona Schließzeit auf Kurzarbeit?
Ja, aber nicht alle. Das heißt, ein kleiner Teil vom Team, also die Verwaltung, arbeitet reduziert weiter. Denn es müssen ja weiter Löhne bezahlt werden und Rücksprachen mit dem Vermieter gehalten werden. Aber der Großteil vom Team ist leider in Kurzarbeit und wird es nach Öffnung auch noch sein.
Wir sind allerdings nicht sofort in Kurzarbeit gegangen, sondern haben in Absprache mit den Mitarbeitern noch den kompletten März bezahlt, obwohl wir dort schon finanzielle Einbußen hatten. So konnten sich unsere Mitarbeiter vorbereiten, dass im April weniger Geld kommt. Wir haben sehr enge Mitarbeitergespräche vor der Kurzarbeit geführt.
Und es ist ehrlich gesagt nicht selbstverständlich, dass die Mitarbeiter auf Kurzarbeit gehen. Das möchte ich nochmal betonen. Ich bin jedem Einzelnen, der letztendlich zugestimmt hat, dankbar. Und dadurch das alle zugestimmt haben, haben sie extrem ihre Kollegialität bewiesen, um das ganze Team zu schützen und um Entlassungen zu vermeiden. Ich bin total stolz auf mein Team.
Wir haben dann Kurzarbeitergeld beantragt bei der Bundesagentur. Wir haben das auch als Bescheid bewilligt bekommen, allerdings gibt es bis heute keine Auszahlung! (Nachtrag: Am 20.05. haben wir es erhalten)
Ihr habt keine Soforthilfe bekommen. Warum?
Wir haben deswegen keine Unterstützung bekommen, weil wir ein mittelständisches Unternehmen mit über 15 Mitarbeitern sind. Was zur Folge hat, dass wir gar keine Zuschüsse in Berlin bekommen. Berlin ist leider das einzige Bundesland, das den Mittelstand komplett ausgegrenzt hat.
Wir haben in sehr enger Zusammenarbeit uns mit der IHK Berlin ausgetauscht. Diese waren auch in den Senatssitzungen sehr präsent vorhanden und haben die Interessen des Mittelstandes vertreten. Es hat leider nichts geändert. Der Bund hat gute Regeln vorgegeben, aber Berlin hat sie leider nicht entsprechend für den Mittelstand umgesetzt. Wir konnten es nicht ändern. In Berlin gab es keine Fördermittel für mittelständige Unternehmen.
Ich habe auch den Eindruck, dass einfach niemand damit gerechnet hat, dass vielleicht jemand aus unserem Bereich mal über 15 Mitarbeiter haben wird.
Wir fordern aktuell die Bundesagentur nochmal auf, dass wir die Zahlungen von März und April bekommen, weil wir ansonsten in die Richtung Kredit gedrängt werden, wo wir gar nicht selber hinwollen.
Wir würden uns nämlich gerne die Möglichkeiten, wie Kredite zu nehmen, für den Fall – falls eine zweite Welle kommt – aufsparen. Damit wir sicherstellen können, dass das Unternehmen im nächsten Jahr noch existiert, weil wir einfach die Verantwortung für 22 Menschen und ihre Familien tragen.
Gerettet haben uns bisher unsere Rücklagen. Wir hatten 2019 ein sehr gutes Geschäftsjahr und haben dadurch Rücklagen strategisch aufgebaut.
Außerdem hatten wir den Vorteil, dass wir ein finanzielles Puffer für unsere Expansionsstrategie – unser 2. Studio in Charlottenburg – auf Lager hatten. Das rettet uns gerade wortwörtlich den Arsch.
Welchen Tipp kannst du anderen Studios geben, damit sie in schlechten Zeiten überleben können?
In vielen Studios steckt sehr viel Herzblut. Aber viele haben sich zu wenig Wissen über ihre Zahlen angeeignet. Es gibt hier und da mal einen BWL ́er, der sich gerne mal deine Zahlen anguckt, wenn du dafür die Wimpern machst oder zum Essen einlädst.
Letztendlich gilt dasselbe wie schon im Privathaushalt. Du solltest immer zweieinhalb bis drei Monate deiner Fixkosten wie Miete, Strom, Gehälter usw. zur Seite legen und nicht anfassen.
Viele haben in unsere Branche einfach nicht ihre Preise im Griff.
Gerade in der Corona Zeit kann ich jedem nur empfehlen, rechnet eure Preise durch. Und damit meine ich nicht nur, was kostet es mich irgendwie das Studio aufrechtzuerhalten.
In der IT heißt es, wenn du irgendwas unter 60 Euro die Stunde nimmst, bist du nicht mehr rentabel. Zumindest gilt das für die Selbstständigen. Das mag im Angestelltenverhältnis eine andere Rechnung sein.
Aber trotzdem brauchst du einen bestimmten Stundensatz, den du erwirtschaftest.
Wie viel Umsatz brauche ich pro Tag, pro Woche, pro Monat, damit ich überhaupt rentabel bin und meine laufenden Kosten überhaupt tragen kann.
In diesem sollte tatsächlich alles drin sein: von deiner Miete, über deine Versicherung, über deinen Arbeitsausfall, Krankheit, Feiertage, Urlaube, Kündigungszeiten (ja es gehen auch mal Mitarbeiter und es dauert eine Zeit, bis man jemanden wieder neu eingearbeitet hat. Solche Überbrückungstage müssen mit drin sein). Und natürlich, wenn ich Geschäftsführerin von einem Einzelunternehmen bin, muss ich ja auch mal in den Urlaub gehen.
Ich denke, dass Geschäftsführer immer am besten funktionieren, wenn sie auch Auszeiten haben. Und diese kann man berechnen.
Ich liebe Zahlen, sowohl im Personal als auch im Controlling. Man kann aus Zahlen alles ablesen. Ich weiß, dass viele einfach in die Kosmetikbranche wechseln und gründen, weil sie die Arbeit gerne machen. Allerdings sind sie mit diesem betriebswirtschaftlichen Part komplett überfordert. Aber dann muss ich mir jemanden suchen, der mir hilft! Ein Freund, der mal über die Zahlen schaut. Oder einfach einen Steuerberater. Denn diese machen nicht nur die Buchhaltung, sondern beraten auch. Die Zahlen sollte man als Unternehmerin immer im Griff haben.
Und wer sich entschließt sein Studio doch aufzugeben, zu dem kann ich immer nur sagen: Ja, so ein Unternehmen zu schließen ist vom Gefühl her schlimm. Ich habe es selber schon mal durchgemacht. Ich weiß, was es heißt ein Unternehmen aufzugeben. Es ist nicht leicht, aber es geht tatsächlich immer weiter! Am Ende ist alles nur halb so schlimm.
Welche Hygienemaßnahmen habt ihr in eurem Studio getroffen?
Wir haben vorher schon ein sehr hohes Hygienekonzept gehabt. Allerdings hat unsere Branche das generell. Ich kenne wenige Studios die das vernachlässigen.
Wir haben genug Material in Stock und wir haben im Februar aufgrund der Erwartung des zweiten Studios schon unseren Vorrat erhöht. Das war perfekt und reiner Zufall. Wir hatten von allem genug.
Wir haben dadurch sehr viel Desinfektion und Mundschutz an Kitas, Krankenhäuser und Arztpraxen aus unserem Umkreis gespendet.
Ich finde, ein sauberes Studio ist einfach ein Aushängeschild.
Das ist einfach für die Kunden der erste Eindruck. Und es geht dabei auch um das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeiter.
Wir haben vorher ohnehin schon Handschuhe und Mundschutz gehabt. Die werden nach der Öffnung des Studios verbindlich für alle Mitarbeiter sein. Wir haben theoretisch unser bestehendes Hygienekonzept jetzt nur erweitern müssen.
Wir haben unseren Wartebereich abgebaut.
Für das Wohlbefinden der Kunden, ist es schade, dass sie nun nichts mehr bei uns trinken können. Wir werden die Kunden allerdings vorher über alles informieren, wie zb das sie leider ohne Begleitperson und mit Mundschutz kommen müssen.
Zukünftig wollen wir kontaktloses Bezahlen anbieten.
Wir sind auch dabei, uns einige Sachen für unsere Mitarbeiter zu überlegen. Wir wollen den Mundschutz labeln lassen, damit unsere Mitarbeiter sich besser identifizieren können. Außerdem überlegen wir zukünftig Arbeitskleidung zu tragen.
Wir haben vor Corona-Zeiten 17 Behandlungsplätze für Wimpernlifting und Wimpernstyling gehabt. Wir haben die Arbeitsplätze anpassen müssen um den Abstand von anderthalb Metern überhaupt zu gewährleisten. Wir werden dann sieben Behandlungsplätze haben und im Zwei-Schichtsystem arbeiten. Das haben wir vorher auch schon aufgrund der Größe gehabt, allerdings haben sich die Schichten vorher überschnitten, damit sich das Team auch sieht. Das werden wir tatsächlich aufheben müssen.
Das heißt, es wird eine Früh – und Spätschicht geben. Diese werden sich leider nicht mehr aus hygienischen Gründen begegnen. Falls ein Krankheitsfall in einer der Schichten auftritt, dann muss nur die Hälfte vom Team bei Symptomen freigestellt werden und der Rest nicht.
Das bedeutet, dass ihr nun weniger Umsatz erwirtschaftet, da ihr nun weniger Behandlungsplätze habt?
Ja, auf jeden Fall. Das ist ein Punkt, über den mache ich mir momentan mit der Geschäftsleitung Gedanken. Wie können wir dies pro Tag kompensieren?
Ich denke, im Wimpernbereich ist das ganz interessant, da die Kunden alle relativ „nackig“ wieder zu uns kommen. Das heißt, wir haben am Anfang vielleicht noch nicht Umsatzeinbussen, weil es alles Neuanlagen werden. Und diese sind ja hochpreisiger als ein Auffülltermin. Über das Danach machen wir uns jetzt schon Gedanken.
Also zahlen die Kunden nach Öffnung keine Auffüllpreis, sondern wieder einen Neupreis?
Einen Auffüllpreis würde sich überhaupt nicht rechnen, das wäre betriebswirtschaftlicher Selbstmord. Das sollte jeder, auch ein kleines Studio, für sich einmal durchrechnen. Aber ich kenne die Preisstruktur von vielen Studios. Und ich frage mich manchmal, wie diese Preise zustande kommen, ob da jemand überhaupt einmal gerechnet hat. Ich vermute oft nicht. Sondern das ist wohl ein Schätzpreis. Wahrscheinlich wird geschaut, was das Studio die
Straße runter für Preise nimmt. Und dann pendel ich mich 5 € drunter ein und merke es irgendwann, dass der andere nicht rentabel ist und ich auch nicht.
Also, das bedeutet, dass es bei uns schon ein Neuset geben wird.
Allerdings haben wir eine Gutscheinaktion während der Schließzeit. Die nennt sich „support your local“. Das heißt, dort können Gutscheine erworben werden und Zusatzleistungen erbracht bzw Rabatte gewährt werden.
Später müssen diese Gutscheine clever eingetaktet werden, denn du kannst diese Gutscheine ja nicht einfach nur abarbeiten und in dieser Zeit keinen Umsatz erwirtschaften. Wir müssen ja auch erstmal gucken, welche Kunden nach der Schließzeit kommen möchten. Wir haben natürlich über die Zeit extrem viele Anfragen über alle Kanäle erhalten.
Wir haben daher eine digitale Warteliste für unsere Kunden programmiert. Dort können sich unsere Kunden online eintragen und ihren Wunschtermin und Wunschlook eintragen. Wir können so besser die Auslastung planen.
Und zum Abschluss: Wie schaffst du privat und beruflich alles unter einen Hut zu bekommen?
Mein großer Sohn ist 13 Jahre alt und der Kleine ist gerade 4 Jahre alt geworden.
Ich bin sehr viel unterwegs. Es ist reines Zeitmanagement. Das klappt mal mehr, mal weniger gut. Das Homeschooling ist einfach extrem schwierig.
Ich habe den Vorteil, dass ich einen sehr flexiblem Zeitplan habe.
Bei uns auf Arbeit herrscht großes Vertrauen untereinander, dass jeder seine Stunden erreicht und sein Arbeitsvolumen erfüllt. Das ist eine Sache, die sehr viel Druck nimmt, da man ja als Elternteil eh schon in einer schwierigen Situation ist. Ich finde es herausfordernd und es gibt auch Tage, da läuft gar nichts. Da hab ich Glück, dass meine Chefin absolutes Verständnis hat. Das weiß ich total zu schätzen und bin meiner Chefin sehr dankbar. Außerdem habe ich sehr geduldige Nachbarn. Diese haben auch Verständnis, wenn die Kinder mal lauter sind.
Insgesamt ist es einfach das Umfeld, was es den Kindern und auch uns als Eltern leichter macht. Damit habe ich sehr viel Glück. Das halte ich aber nicht für selbstverständlich.